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Drei Tische, eine Zeit, sechs Welten

Alltagsstudie


Drei Tische


Heute bei Junge


Ich sitze auf der Couch, draußen zieht ein Sturm auf. Dennoch sitzen sie draußen: zwei Männer in einer Verhandlung, Mutter und Tochter, sie lächeln und trinken Kaffee und Saft, ein Paar mit Labrador, das sich streitet. Drei Tische nebeneinander. Und alle sechs Personen sitzen dort zeitgleich. Jeder erlebt eine andere Realität, während ich sie durch die Glasfront beobachte wie Schauspieler auf einer Bühne. Das kommt mir sonderbar vor. Und ich denke in diesem Moment, dass sie alle gerade etwas komplett Unterschiedliches empfinden. Der eine geht Konkurs oder gründet ein Geschäft oder lässt einen Deal platzen oder plant etwas, die andere beneidet die andere oder denkt an ihren Geliebten, ihren Mann, ihren Freund, ihre Freundin oder genießt einfach nur den Moment, das Beisammensein, den Beginn des Studiums, den Umzug in die neue Wohnung, den gemeinsamen Urlaub und die anderen denken an Scheidung, Hundeerziehung, sind wütend, hoffen auf Versöhnung, denken, der Urlaub ist vorüber und der Kaffee schmeckt nicht und nun wirft er mir auch noch vor, wie ich den Hund zu erziehen habe, nur weil er schon so viel mehr Hunde hatte als ich.


Und wer es noch nicht wusste: Ja, so ist das, wenn man keinen großen Filter hat, alles aufnimmt, deutet und dazu auch noch viel Fantasie hat und täglich mit Romanfiguren spricht. Ich habe nichts gehört, von dem, was draußen gesprochen wurde. Ich habe nur meine Vermutungen angestellt. Am liebsten hätte ich sie gleich ins Laptop hineingetippt. Ich saß übrigens nicht bei Junge am Markt, sondern bei dem an der Einfahrt in Wismar. Da geht das fantastisch. Setzt euch einfach mal auf die Couch mit Blick nach draußen! Das nächste Mal sollte ich mein Laptop mitnehmen.


Oft liege ich übrigens nah dran, an der Realität - was man so 'Realität' nennt. Das ist ganz sonderbar. In letzter Zeit besuchen mich Menschen, die mir direkt oder indirekt mitteilen, dass meine Romane nah an 'der' = ihrer Realität sind. Vor ein paar Tagen sagte ich: Ja, manchmal ist die Fantasie näher an der Realität, als man denkt.



3 Tische, eng nebeneinander, 3 Situationen, 6 Welten – weit entfernt voneinander - Hier fühle ich mich gleich ein wenig dazu herausgefordert, als Autorin das verbindende Element zu finden oder etwas, das diese Personen früher oder später miteinander verbinden könnte.



In diesem Sinne liebe Gruß in deine, Ihre, eure Welt! Und ich trinke meinen Kaffee auch woanders. Es ergab sich heute so. Liebe Grüße von Bente!

Yorumlar


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